Haydn Klaviertrios

 

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Joseph Haydn
- Klaviertrio G-Dur Hob.XV:25
- Klaviertrio C-Dur Hob.XV:27
- Klaviertrio Es-Dur Hob.XV:29
- Klaviertrio es-Moll Hob.XV:31

 

Joseph Haydn
- Klaviertrio A-Dur Hob.XV:18
- Klaviertrio d-Moll Hob.XV:23
- Klaviertrio E-Dur Hob.XV:28
- Quintett für Cembalo, 2 Hörner, Violine & Cello Es-Dur Hob XIV:1
- Divertimento für Horn, Violine & Cello Es-Dur Hob.IV:5

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Rezensionen

Fono Forum November 2011

Homogen zu fünft
Da kann niemand kommen und sagen, dieses Haydn-Programm sei Nullachtfünfzehn. Ne­ben drei Klaviertrios im klassischen Sinne enthält die neue CD des Abegg-Trios auch ein Quin­tett für Cembalo, 2 Hörner, Geige und Cello sowie das Es-Dur-Divertimento für Horn und zwei Streicher. Dass hier gleichermaßen Könner wie Kenner am Werk sind, zeigt bereits der Eröffnungssatz des A-Dur-Trios (Hob. XV:18), in dem scheinbare Haydn’sche Leich­tigkeit mit grimmiger Eintrübung in der Durchführung angereichert wird. Das Abegg-Trio – Gerrit Zitterbart hat für diese Aufnahme einen Broadwood-Flügel von 1808 ausgewählt – findet stets Kanäle, durch die es seinen ganzen Gestaltungs- und Ideenreichtum zu schleusen versteht. Beispiel: das Vivace im d-Moll-Trio (Hob. XV:23), das nach den zwei vorausgegangenen langsamen Sätzen wie eine Befreiung wirkt. Endlich darf wieder gelacht, zumindest geschmunzelt werden. Die Geige nimmt diesen Stim­mungs­wechsel so forsch wahr, dass ihre obersten Töne mitunter pfeifenden Charakter annehmen. Wilhelm Bruns und Tilman Schaerf bringen das Trio auf Quin­tett-Größe und fügen sich nahtlos ein. Vom ers­ten Moderato-Takt an entwickeln die fünf eine selbstläuferische Neigung, die glücklicherweise auf jedes athletische Streben verzichtet. Auch zieht hier die Gemütlichkeit Haydn nicht in den Sessel, sondern erweist sich in der Liaison mit kerniger Artikulation als richtig am Platz. Warum diese Kernigkeit ausgerechnet im E-Dur-Trio (Hob. XV:28) zu Gunsten größerer Zahmheit aufgegeben wird, ins­besondere bei den Bassstimmen im Finale, bleibt indes fraglich.
Christoph Vratz

Klassik.com September 2011

Vehementer Zugriff
Seit rund drei Jahrzehnten gehört das Abegg Trio nun schon zu den führenden Klaviertrio-Formationen. Es konnte zudem wie kaum ein anderes Ensemble, das fest in der traditionellen Interpretationskultur verankert ist, bei seinen Unternehmungen in Richtung historisch informiertem Musizieren unter Zuhilfenahme historischer Instrumente große Erfolge verbuchen. Eine eben beim audiophilen Label Tacet erschienene Einspielung von Kammermusikwerken Joseph Haydns verfolgt diesen Weg. Ulrich Beetz, der Geiger des Abegg Trios, spielt eine darmbesaitete Luppo-Violine (1729), die Cellistin Birgit Erichson ein ebenso historisch eingerichtetes Cello (Andrea Catagneri, 1747); beide werden unterstützt von Gerrit Zitterbart, der für einige Stücke einen Broadwood-Hammerflügel (1808) heranzieht, für andere hingegen ein Cembalo.
Kompositorische Überraschung vs. klangliche Facetten
Das Haydn-Programm ist interessant und kurzweilig. Zwischen drei Klaviertrios stehen zwei Divertimenti, beide mit Horn- bzw. Hörnerbeteiligung: das Quintett Es-Dur (Hob. XIV:1) vereinigt Cembalo, zwei Hörner, Violine und Violoncello, im 'Divertimento á tre' tritt zu den beiden Streichern ein Horn. Die Zusammenstellung der Stücke ist ausgeglichen: Die drei Klaviertrios sind kompositorisch interessanter, in klanglicher Hinsicht sind freilich die beiden Divertimenti mit Hörnerbeteiligung facettenreicher.
Timbrefinesse
Wilhelm Bruns und Tilman Schaerf gestalten im Quintett den Hörnerpart mit stupender Virtuosität. Ihr Spiel auf den Naturhörnern bringt das spezifische Timbre zum Leuchten und vereinigt weiches Legato mit gekonnter Wendigkeit (Triller, schnelle Läufe, Wechsel von Naturtönen zu gestopften). Entgegen den Gepflogenheiten einiger Hornisten aus dem Lager Alter Musik reichern sie den Klang nicht mit robusten Rauigkeitswerten an, sondern präsentieren eine sensible Verbindung von Timbrefinesse und Integration in den Gesamtklang des Ensembles, das von den perlenden Figuren des Cembalos getragen wird. Von den Streichern wird das luftige Trio des Menuet-Satzes (in dem Zitterbart in die Trickkiste seines Cembalos greift) mit ausgesuchter Delikatesse entfaltet. Ebenso überzeugend gerät das 'Divertimento à tre', bei dem Wilhelm Bruns den – im Gegensatz zur Anlage des Quintetts anspruchsvolleren – Hornpart übernimmt.
Zopf ab, beinahe Kahlrasur
Den drei Klaviertrios nähern sich die Musiker des Abegg Trios mit vehementem Zugriff. Das steht dem 1794 entstandenen A-Dur-Trio (Hob. XV:18) gut an. Wie das Eingangsmotiv, ehe es erklungen ist, gleich in einer anderen Stimme wiederaufgegriffen wird, unerwartete Akzente den Fortlauf jäh herumreißen und Moll-Eintrübungen das musikalisch Geschehen plötzlich einfärben, ist schlichtweg faszinierend. Eine Überraschung folgt der anderen, sowohl in formaler, kompositorischer Hinsicht wie auch in klanglicher: Wie Haydn den Triosatz disponiert, Stimmen mitlaufen lässt und damit zum Teil frappierende Klangwirkungen entstehen lässt, ist höchst interessant – und spannend, vor allem in dem interpretatorischen Zugang des Abegg Trios. Die Musiker zielen nicht primär auf eine klanglich homogene Verbindung der Stimmen, sondern auf eine expressive Ausformung des Satzes, und das heißt vor allem: Jede Stimme wird in sich selbst mit dynamischer Nuancierung, artikulatorischer Prägnanz und klanglicher Individualität (die durch die Verwendung historischer Instrumente verstärkt wird) hoch ausdrucksvoll gestaltet. So gelingen nicht nur hinreißend feinfühlige langsame Sätze wie das 'Adagio ma non troppo' des d-Moll-Trios (Hob. XV:23), sondern vor allem stürmische Finalsätze und spannungsvolle Kopfsätze, etwa des E-Dur-Trios (XV:28) oder des schon erwähnten Trios A-Dur.
Der zuweilen klanglich bissige Zugang des Abegg Trios schneidet ‚Papa Haydn‘ (den man in diesen Trios vergeblich sucht) nicht nur die Perückenzöpfe ab; zuweilen klingt das Ergebnis eher nach Kahlrasur, etwa dann, wenn die von Gerrit Zitterbart so heftig artikulierten Akzente die klanglichen Möglichkeiten des Broadwood-Hammerklaviers zu übersteigen drohen und zusammen mit den Obertönen des rau und sehnig tönenden Cellos ein Klanggemisch entsteht, das eigenartig dissonant wirkt. – Hier wird bis an die Grenzen dessen heran musiziert, was die Instrumente hergeben können. Das freilich ist deshalb so unmittelbar zu erleben, weil der Klang exzellent geraten ist. Die Instrumente befinden sich in einer guten klanglichen Balance. Nicht vergessen werden darf der Booklettext von Jan Reichow, der in seinen minutiösen Fingerzeigen auf Details der kompositorischen Faktur in der (heutigen) Landschaft der Begleithefttexte alleine dasteht. Er rundet diese spannende Einspielung bestens ab.
Tobias Pfleger (14.09.2011)

Klassik-heute  September 2011
Auch jenseits der berühmten Werkreihen der Sinfonien und Streichquartette finden sich im Œuvre von Joseph Haydn kostbare Schätze – etwa in der Serie der über 40 Trios für Tasteninstrument (Klavier oder Cembalo), Violine und Violoncello, die dem Komponisten ein nicht weniger dankbares Experimentierfeld bot. Besonders die um 1795 – während Haydns zweitem London-Aufenthalt oder unmittelbar anschließend in Wien – entstandenen Trios (Haydn selbst bezeichnete sie als „Sonaten") zeichnen sich durch Erfindungs- und Einfallsreichtum ebenso aus wie durch feinsinnige Ausarbeitung. In der freien Behandlung der Form, der reichen Harmonik und der Dichte der motivischen Arbeit gehen sie über alle früheren Werke hinaus.
Drei dieser späten Trios haben die Musiker des 1976 gegründeten und seit 35 Jahren in gleicher Besetzung spielenden Abegg Trios nun im Weißen Saal des Weimarer Schlosses für das Label TACET eingespielt. Dabei bedienen sie sich historischer Instrumente: Der Geiger Ulrich Beetz und die Cellistin Birgit Erichson spielen auf im 18.Jahrhundert gefertigten italienischen Instrumenten mit Darmsaiten unter Benutzung alter Bögen, wobei die Violine gelegentlich etwas scharf klingt. Dem Pianisten Gerrit Zitterbart stand ein Broadwood-Fortepiano von 1808 zur Verfügung, dessen perkussiver Ton das Klangbild der sehr lebendigen, den individuellen Charakter der einzelnen Sätze betonenden Einspielung prägt.
Zwischen den Klaviertrios erklingen zwei Divertimenti, die Haydn etwa dreißig Jahre früher für die Musiker der Esterházyschen Hofkapelle schrieb. Das Orchester verfügte über erstklassige Hornisten, deren Fähigkeiten durch diese Stücke besonders herausgestellt werden sollten. Das Trio per il Corno da caccia Es-Dur setzt das ventillose Naturhorn mit virtuosen Figuren gleichberechtigt neben Violine und Violoncello ein. Wilhelm Bruns, Solohornist des Mannheimer Nationaltheaters, meistert die exponierte Partie souverän. In dem Quintett werden zwei Hörner dem von Violine und Violoncello unterstützten Tasteninstrument gegenübergestellt. Hier vertauscht Zitterbart den Hammerflügel mit einem Cembalo, das er ebenso geläufig traktiert, während die Hörner überwiegend fanfarenartiges Material beitragen und für die klangliche Grundierung sorgen. Dem Ensemble, zu dem hier mit Tilman Schaerf ein weiteres Mitglied der Deutschen Naturhorn Solisten tritt, gelingt es, die heikle Klangbalance zwischen den ungleichen Instrumenten herzustellen – wozu nicht zuletzt auch die vorzügliche Aufnahme von Andreas Spreer beiträgt, der hier erfreulicherweise auf überflüssige Surround-Mätzchen verzichtet.
Sixtus König (26.09.2011)

 

Neue Zeitschrift für Musik 1993
Auf der vorliegenden CD-Neueinspielung, nimmt sich das renommierte Abegg Trio einiger Stiefkinder unseres Musikbetriebs an: vier der Klaviertrios von Joseph Haydn, die nun einmal unleugbar ihrem historischen Stand nach noch zur Gattung der Klaviersonate mit Begleitinstrumenten gehören. Die Neueinspielung will darüber auch gar nicht hinwegtäuschen: im Mittelpunkt steht stets der Pianist Gerrit Zitterbart, der die geradezu konzertanten Ansprüche des Haydnschen Klaviersatzes in diesen Werken mit Bravour meistert. Der Geiger Ulrich Beetz hält sich gelegentlich im Dialog mit der Klavieroberstimme sogar ein wenig zu sehr zurück. Birgit Erichson nutzt die Möglichkeiten ihres Celloparts immerhin aus, um sich unaufdringlich, aber doch fühlbar in Dynamik, Artikulation und Wechsel der Oktavlage vom Klavierbaß zu emanzipieren.
Die CD enthält neben dem bekannteren G-Dur-Trio mit dem Rondo all’ongarese auch die Trios Nr. 27, 29 und 31 der Hobokenschen Zählung und macht mit Nachdruck auf ein Oeuvre von Rang aufmerksam. Diese späten Werke Haydns, die ja schließlich parallel zu den letzten großen Sinfonien entstanden sind, zeigen die gleiche meisterliche Reife, fesseln durch formale Eigenwilligkeiten, durch improvisatorische Züge oder Mischformen aus Variation, Sonate und Rondo, und auch durch überraschend mediantenverliebte Harmonik und Tonartendisposition, wie man sie gemeinhin erst bei Beethoven und Schubert sucht.
Die Aufnahmen des Abegg Trios bringen die überragende spirituelle Qualität von Haydns Musik, ihren Witz und ihr Temperament überzeugend zum Klingen. Alles Spieldosenhafte ist verbannt, durch eine freizügige Interpretation erscheint die Musik wundervoll beredt. Am weitesten weg vom Notentext wagt sich das Abegg Trio im Mittelsatz des G-Dur-Trios, aber das mit musikhistorischem Geschmack. Weil Haydns Komposition dort ohnehin schon fast frühromantisch klingt, mit ihrer dunklen Sonorität den Ton von Beethovens Mondschein-Sonate vorwegnimmt, so ist es wohl legitim wenn das Cello einmal die Violinmelodie mitspielen oder ganz übernehmen darf.
Gerhard Dietel

Neue Musikzeitung Juni/Juli 1993
Obwohl die späten Klaviertrios von Haydn an Bedeutung den Quartetten oder Sinfonien nicht nachstehen, fristen sie immer noch ein Schattendasein. Um so wichtiger diese Aufnahme, zumal das Abegg Trio höchst intelligent phrasiert, die kompositorische Faktur sinnfällig herausarbeitet und zugleich den verblüffenden Farbreichtum dieser Werke, der sich auch in außergewöhnlichen Tonartrückungen niederschlägt, blühend unterstreicht.

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