Smetana, Janácek
Friedrich Smetana Preis der deutschen Schallplattenkritik |
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Rezensionen
Classics today (USA) 2000
Interpretation 10 / Klang 10
It’s
common knowledge among Janácekians (Janácekers?) that the First String
Quartet began life as a piano trio, most of which was either lost or
destroyed. The notes included here are a little vague as to just how
much of the original survived to serve as the basis of this
reconstruction by Michal Hájku, but no matter. Anyone who loves this
composer will certainly want to hear it, and the Abegg Trio plays with
the kind of commitment and passion that the music requires. Still, it
has to be acknowledged that Janácek’s final thoughts were right: no
piano trio can transmit the sadness that suffuses the opening of the
finale the way that muted strings can. This fascinating experiment
makes a fine foil to a similarly excellent performance of Smetana’s
strangely neglected single work in the trio medium. The Abegg manages
to differentiate the tempos and emotional nuances of the first two
movements (otherwise so similar) with notable success, and the Presto
finale has an athletic vigor that comes from elasticity of rhythm and
supple phrasing rather than mere speed. As usual, Tacet’s sonics are
gorgeous. Definitely worth a listen.
FonoForum Oktober 1995
»Note
für Note« sei ihm »glühend in die Feder gefallen«, berichtete der fast
70jährige Janácek, als er im Herbst 1923 binnen einer Woche sein erstes
Streichquartett komponierte. Dabei hatte er, wie er seiner späteren
Muse Kamilla Stösslovä verriet, »die arme, gequälte Frau im Sinne, über
die der russische Schriftsteller Tolstoi in dem Werk ‘Die
Kreutzersonate’ schrieb«. Bereits 1909 hatte die düstere Novelle,
ihrerseits wiederum angeregt durch Beethovens »Kreutzersonate«, den
Komponisten zu einem Klaviertrio inspiriert, das bei einem Konzert zu
Tolstois 80. Geburtstag aufgeführt werden sollte. Kurz darauf
überarbeitete Janácek das Trio noch einmal. Doch sowohl die Urfassung
als auch die revidierte Fassung sind verschollen, wobei nicht klar ist,
wann das Manuskript verlorenging. Sicher ist, daß sein Streichquartett
»aus einigen Gedanken« des Trios entstand. Einige kürzlich aufgetauchte
Fragmente des Trios belegen allerdings die Vermutung, daß Janácek seine
»Kreutzersonate« 1923 nur neu instrumentiert hat. Der tschechische
Musikwissenschaftler Michal Hájku wagte deshalb den Versuch, die
Quartett-Partitur wieder zu einem Klaviertrio zu rekonstruieren. Das
Resultat ist nun erstmals auf einer CD zu begutachten, gespielt vom
renommierten Abegg Trio aus Göttingen. Das Ergebnis ist faszinierend
und klingt absolut überzeugend. Die späte Schallplattenpremiere macht
den dramatischen Gestus und die plastische Diktion der »Kreutzersonate«
sogar noch deutlicher als die bekannte Version. Daran hat die
mustergültige Interpretation der Abeggs natürlich einen gewichtigen
Anteil, die vor allem durch ein weites Spektrum verschiedenster
Klangfarben und die enorme dynamische Bandbreite überzeugt. Auch die
Koppelung mit dem gut 50 Jahre zuvor komponierten Klaviertrio von
Smetana ist eine gute Idee und rückt das Werk, dessen Progressivität
immer noch allzu oft unterschätzt wird, ins rechte Licht. Die
Klangtechnik wirkt ausgewogen und tranparent. Das Booklet ist
lesenswert, allerdings kommt die Information über Hájkus Rekonstruktion
etwas zu kurz.
FonoForum CD-Führer 95/96
Man
kann trefflich darüber streiten, ob es seriös ist, aus den wenigen
Skizzen und Fragmenten die »Urfassung« von Janáceks Streichquartett
»Kreutzersonate«, das zunächst als Klaviertrio konzipiert war, zu
erstellen (es handelt sich um die Rekonstruktion der Trio-Urfassung
nach dem Streichquartett von 1923, vorgenommen von Michal Hájku).
Hochinteressant und hörenswert ist das Ergebnis allemal, ob man nun das
Streichquartett im Ohr hat oder nicht. Das experimentierfreudige Abegg
Trio macht den Vergleich möglich. Gekoppelt ist das Stück mit einer
spielerisch und intellektuell prachtvollen Darstellung des
autobiographisch getönten Klaviertrios von Smetana.
Westdeutscher Rundfunk Forum der Musik 17.6.1995
...
Umso mehr hat mich das erschütternde Klaviertrio g-Moll beeindruckt,
mit dem sich Smetana einst den Schmerz über den Tod seines
viereinhalbjährigen Töchterchens von der Seele schrieb. Selten habe ich
das Abegg Trio emotional engagierter gehört, alle drei
Ensemblemitglieder haben halt selbst Kinder und spielen, als seien sie
persönlich von dem sinnlosen Schicksal betroffen. Das Ergebnis ist
große Kunst und nicht zuletzt dem Geiger Ulrich Beetz zu danken, der
sich hier an Lupenreinheit, Intensität und schmerzlicher Süße des Tones
schier selbst übertrifft. Ich meine, organischer, inspirierter,
differenzierter kann man das kaum spielen, und am Ende ist die
Ergriffenheit auf unserer Seite.