Robert und Clara Schumann
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Robert u. Clara Schumann Sämtliche Klaviertrios - Impromptus op.5 (Robert) - Klaviertrio a-Moll op.105 (Robert) - Klaviertrio g-Moll op.17 (Clara) - Gesang der Frühe (Robert) |
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Rezensionen
„stereoplay“
Juli 1985
Das Abegg Trio, bisher
mit Plattenaufnahmen mit Beethoven- und Brahms-Trios ausgewiesen,
kommt - was seinen Namen angeht - mit dieser Einspielung ,zu sich
selbst’ und dies Urteil ist nicht nur eine Namensspielerei, sondern
bezieht sich in erster Linie auf die Einspielung selbst: waren die
Beethoven- und Brahms-Aufnahmen schon höchst beachtlich, so
besticht die Schumann-Interpretation der drei Musiker durch
natürlichen Fluß, musikantischen Elan, wo er vom
Komponisten intendiert ist, und analytisch-delikate Detailarbeit, wo
sie die Struktur erfordert. Gibt es beim d-Moll-Trio
interpretatorisch hochrangige Konkurrenz (man denke an die
,Prominententrios’ mit Cortot, mit Stern, mit Kyung-Wha Chung),
denen sich das Abegg Trio durchaus gewachsen zeigt, so ist die
gleichermaßen atmosphärisch dichte wie ,charakteristische’
Aufnahme der Phantasiestücke ohne Konkurrenz. Die Aufnahme ist
von schöner Transparenz und Klangtreue. Eine überaus
hörenswerte Einspielung.
Wulf
Konold
„FonoForum“
März 1990
Die Chance, für das
Stuttgarter Label Intercord alle bedeutenden Werke für
Klaviertrio aufzunehmen, hat das nunmehr seit 1976 bestehende Abegg
Trio mit Beharrlichkeit und konstanten künstlerischen Leistungen
in einen beständigen Erfolg verwandelt. Nach den vielbeachteten
Gesamteinspielungen der Klaviertrios von Wolfgang Amadeus Mozart und
zuletzt Ludwig van Beethoven, bringt das Ensemble mit der
vorliegenden Produktion auch die Aufnahme sämtlicher
Schumann-Trios zum Abschluß. Die grundlegenden Merkmale
früherer Aufnahmen zeichnen auch diese Schumann-Einspielung aus.
Wiederum können die drei Musiker mit einer durchdachten und
schlüssigen Konzeption aufwarten. Ihr homogenes, fein
aufeinander abgestimmtes Zusammenwirken zielt auf nicht mehr und
nicht weniger als die uneitle, werkdienliche Auseinandersetzung mit
dem Text. Hier leistet jeder mit diszipliniertem Ausdruck, ohne dem
Drang zur Eigenprofilierung nachzugeben, seinen Beitrag zum Ganzen.
Das macht letztlich die Individualität dieses Ensembles aus, dem
jede vordergründige Gestik fremd ist.
Entsprechend der
Aufnahmetechnik, welche die Instrumente transparent und räumlich
definiert abgebildet hat, wirkt das Vorgehen der Interpreten auch bei
Schumann klug disponiert und strukturerhellend. So bleibt am Schluß
der Eindruck eines geschlossenen Gesamtbildes haften, das durch
sinnlichere Streicherfarben und passagenweise auch durch beherzteren
Zugriff noch an Kontur gewonnen hätte. Die aufwendige Gestaltung
des Textheftes, wiederum mit einer Coverzeichnung von Horst Janssen,
einem aufschlußreichen Begleittext von Jan Reichow sowie
Partiturauszügen, gelang ebenso vorbildlich wie zuletzt die
Aufmachung der Beethoven-Edition.
Norbert
Hornig
„Norddeutscher
Rundfunk“
Phonomarkt Juli 1990
... das ist hingegen
einem anderen Ensemble so gut gelungen, daß ich am liebsten
gleich mehrere Sätze aus dessen CD vorstellen wurde. Das Abegg
Trio hat nun schon eine zweite Einspielung dem Komponisten gewidmet,
von dem das ehrwürdige »Lexikon für Musik in
Geschichte und Gegenwart« behauptet »Die Einschmelzung
zum Gesamtklang stößt auf die Grenze der klavieristischen
Erfindung«. Armer Robert Schumann - was immer uns diese Worte
sagen wollen, nur gut, daß es das Abegg Trio gibt, um sie zu
widerlegen. Zum Beispiel im zweiten Satz des F-Dur-Trios von 1847. Da
ist erstens die »klavieristische Erfindung« der
»Einschmelzung« sowieso nicht im Weg, weil Schumann das
Klavier hier ganz sparsam einsetzt, und zweitens macht Gerrit
Zitterbart den Klavierpart doch wieder interessant, weil er hörbar
mitdenkt.
Mit dieser Einspielung
haben die Abeggs ihre Sammlung von Schumann-Trios komplettiert, und
an diesem Produkt stimmt einfach alles - nein, nicht ganz: auch hier
ist es, wie bei allen Einzel-CDs, ziemlich umständlich, das
Begleitheft unter den Plastiknoppen hervorzupfriemeln. Da steckt die
Phono-Industrie weltweit doch noch in den Kinderschuhen. Ansonsten:
auf dem Cover erblickt man anstelle der üblichen mehr oder
weniger verkrampft gestellten Interpretenfotos eine schöne
Schumann-Skizze von Horst Janssen. Das Begleitheft bietet anstelle
blumig vager Musikmärchen einen so engagierten wie analytisch
präzisen Beitrag, in dem Jan Reichow sich erfolgreich um ein
neues Schumann-Bild bemüht. Er folgt Arnfried Edler in der
Auffassung, daß gerade in Schumanns g-Moll-Trio das Bestreben
deutlich wird, »keine Note mehr zu schreiben, die nicht
irgendwie thematisch zu begründen wäre« - der Beginn
eines kompositorischen Denkens, das in letzter Konsequenz zur
Reihentechnik führt. Monothematik ohne Monotonie. Die
Aufnahmetechnik dieser Intercord-CD ist noch nicht dem verbreiteten
Protz-Sound verfallen, sondern liefert ein lockeres, natürliches
Klangbild. In dem ist selbst das Klavier kein Sorgenkind, sondern hat
einen guten Platz. Das alles hülfe freilich wenig, wenn die
Abeggs nicht auch vorzüglich musizierten. Sie schrecken vorm
Kratzen und vor extremer Dynamik nicht zurück, wenn es um
deutliche Strukturen geht, ihnen gelingen Klangfarben, die süchtig
machen und zugleich hellwach. Den »edlen Zärtling«,
für den Nietzsche Schumann hielt, sucht man vergebens. Man
findet dafür einen brennenden und klaren Geist. So kann
Kammermusik eben klingen, wenn Musiker gemeinsam denken.
Volker
Hagedorn
Stereoplay 1/98
Die
Herrschaft des Klaviers über die Hausmusik des bürgerlichen 19.
Jahrhunderts begünstigte die Entwicklung der von Haydn begründeten
Gattung des Trios für Klavier, Violine und Violoncello. Sieht man von
dem frühen Klaviertrio Clara Schumanns ab, ihrem wohl bedeutendsten
Werk, so handelt es sich bei dieser kulturhistorisch interessanten
Produktion um Bearbeitungen, zu denen sich selbst Armin Knab 1915 im
Falle eines der »Gesänge der Frühe« noch hergab. Am Gewichtigsten
dürfte die Trio-Version der Klavier-Impromptus op.5 von Schumann durch
Friedrich Hermann (1828-1907) sein, weil hier die stark
kontrapunktische Faktur des genialen Originals verdeutlicht wird. Wenig
profitiert die späte Violinsonate von Friedrich Gustav Jansens
(1831-1910) hinzugefügter Cellostimme. Das Abegg Trio (Ulrich Beetz,
Birgit Erichson, Gerrit Zitterbart) nimmt sich dieser Musik mit viel
Engagement, gut ausbalancierter Klanglichkeit und zupackender Frische
an, wobei die Wiedergabe der Impromptus-Bearbeitung als besondere
Leistung hervorgehoben werden muß.
Stereo 2/98
Als
im 19. Jahrhundert die Instrumentalgattung des Klaviertrios so richtig
boomte, wurden aus Mangel an Originalen so manche Orchesterwerke, aber
auch Solostücke für den hausmusikalischen Gebrauch und für den Salon in
Triofassung eingerichtet. Ohne Verfälschungen arrangierte der
Robert-Schumann-Forscher Friedrich Gustav Jansen die a-Moll
Violinsonate, nicht minder einfühlsam nahm sich der Gewandhausgeiger
Friedrich Hermann der in der Originalgestalt für Klavier wenig
erfolgreichen »Impromptus über ein Thema von Clara Wieck« an und schuf
eine werkgerechte Version für Klaviertrio. Was die Abeggs auf ihrer
neuesten CD präsentieren, enthüllt den typisch romantischen Tonfall.
Hier wird das Flair des Aufbruchs und ein in reiche Farben gekleideter
Duktus vorgeführt. Minutiös werden die melodischen Errungenschaften in
Clara Schumanns g-Moll-Trio ausgekostet.
WDR: Neue Schallplatten 23.9.97
Musikbeispiel:
Gesang der Frühe op.133,1. In fast schon religiöse Gefilde taucht
dieser Satz ab: Langsam und feierlich ist er überschrieben. Es ist der
erste Satz aus den »Gesängen der Frühe« op.133 von Robert Schumann. Im
Original ist er für Klavier solo - hier hörten wir ihn in einer
Triobearbeitung. Die Gesänge der Frühe entstanden Mitte Oktober 1853
und gehören mit zu den letzten Kompositionen Schumanns. In ihnen
spiegelt sich der tiefe Eindruck, den die ersten Klavierwerke des
jungen Brahms bei Schumann hinterlassen haben - die nachträgliche
Einbeziehung von Violine und Violoncello trägt dazu bei, daß sich Ruhe
und Erhabenheit dieser wenigen Takte noch mehr Raum verschaffen.
Mit diesem Satz klingt die neue CD die Abegg Trios aus, auf der wir
Kammermusik von Clara und Robert Schumann finden. Von Robert sind es
ausschließlich Bearbeitungen für Klaviertrio: neben dem gerade gehörten
Gesang der Frühe sind es die Violinsonate a-moll und die Impromptus
über ein Thema von Clara Wieck. Von Clara hat das Abegg Trio das große
g-moll-Trio op.17 produziert. Erschienen ist die CD bei der Firma Tacet.
Clara Schumann schwankte angesichts dieses Trios zwischen Euphorie und
tiefer Resignation. Daß sie als überragende Pianistin anerkannt war,
stand für sie außer Frage, ihr kompositorisches Talent jedoch zweifelte
sie immer wieder an. »… Ich spielte heut abend,« notierte sie am 19.
November 1846 in ihr Tagebuch, »ich spielte heut abend Roberts
Klavierquartett und mein Trio, das mir, je öfter ich es spiele, je
unschuldiger vorkommt.«
Das Abegg Trio mit Ulrich Beetz, Violine,
Birgit Erichson, Violoncello und Gerrit Zitterbart, Klavier sieht diese
vermeindliche Unschuld und Naivität nicht: Das Abegg Trio spürt den
nachdenklich-poetischen Klängen in diesem Trio nach, die nicht zuletzt
das Finale durchziehen:
Das Trio hat nicht umsonst dieses Werk ins Zentrum
seiner neuen Produktion gestellt. In der Dramaturgie dieser CD spiegelt
sich die - unterschwellig - bis zum Zerreißen gespannte Beziehung
zwischen Clara und Robert Schumann: da ist die bis zur Selbstaufgabe
gehende glühende Liebe des jungen Robert Schumann, der sich in langen
Kämpfen gegen Claras Vater aufreibt. Die CD beginnt mit einer zarten
Liebeserklärung Roberts: den Impromptus über ein Thema von Clara. Der
Bogen spannt sich weiter über eine bearbeitete Violinsonate und das
Trio von Clara hin zu einem der Gesänge der Frühe, die an Johannes
Brahms gemahnen, der zu Clara, Zeit seines Lebens, ein inniges
Verhältnis hatte.
Die Musiker des Abegg Trios finden in der
Kammermusik von Clara und Robert Schumann zu Klängen, die immer wieder
nach innen gehen. Die Ebene des Extrovertierten, des
Marktschreierischen meiden sie. Fein und weich zeichnen sie die
Linienführungen nach. Nichts wird hier überzogen, nichts ins
Reißerische gewendet. Dies ist nicht zuletzt das Ergebnis eines
ausgeklügelten Aufnahmekonzepts, laut Booklet hat der Produzent und
Tonmeister Andreas Spreer lediglich zwei Mikrophone für die Aufnahme
eingesetzt. Es gibt viele Produzenten, die hier bis zu sechs
Mikrophonen aufbauen. Spreer setzt jedoch auf Natürlichkeit und ein
offenes Klangbild. Dazu bedarf es eines speziellen Saales, produziert
wurde in der Festeburgkirche in Frankfurt am Main. Die leicht hallige
Akustik dieses Raumes unterstützt den auf Poesie setzenden
Interpretationsansatz des Abegg Trios: Musikbeispiel: Robert Schumann,
Impromptus op.5.
Soweit die Impromptus von Robert Schumann über ein
Thema seiner Frau. Die beiden Klavierwerke sowie die Violinsonate von
Robert Schumann, die auf dieser CD eingespielt wurden, sind mit sehr
viel Respekt vor dem Original und auf der anderen Seite mit großem
Einfühlungsvermögen in die Grenzen und Möglichkeiten einer
Klaviertriobesetzung, ja soll ich sagen »übertragen« worden. Natürlich
verschieben sich die Gewichtungen, wenn etwa in der a-moll-Violinsonate
neben der Violine eine zweite Streicherstimme, ein Cello, dazu
»erfunden« wird. Friedrich Gustav Jansen, der die Violinsonate
bearbeitet hat, läßt das Cello aus dem Klavierpart nahezu unmerklich
heraustreten. Entweder koloriert es den begleitenden Klavierpart, oder
aber es hebt jene Stellen hervor, die mit der Violine kommunizieren.
Das Abegg Trio spielt meisterlich mit den so entstehenden
Konstellationen. Hier kann und darf man sich als Musiker nicht
festlegen, es ist eine Gratwanderung: nicht mehr Sonate, aber noch kein
Trio. Musikbeispiel: Robert Schumann, Trio nach der Sonate a-moll
op.105, 2. Satz
Frankfurter Allgemeine Zeitung 4.4.1998
Das Weibliche der Melodien
Klang-Ehe: Werke von Clara und Robert Schumann
Daß
das »Frauenzimmer-Werk« in der Originalfassung Karriere machte, während
die drei Kompositionen des Ehemanns der Bearbeitung bedurften, um sich
halbwegs zu etablieren, mag Balsam sein für jede zu kurz gekommene
weibliche Seele. Dennoch steht Clara Wieck-Schumann quantitativ klar
ihrem komponierenden Gatten Robert nach - sie hatte sich neben ihrer
Karriere auch um ihre acht Kinder zu kümmern.
Das Abegg Trio hat
mit seiner neuen CD den reizvollen Versuch gewagt, das
Komponistenehepaar durch Instrumentaltrios musikalisch zu
charakterisieren; es konterkariert damit das noch immer gängige
Vorurteil von Claras auch qualitativem Hintanstehen. Sämtliche Stücke
Roberts sind durch weitere Komponistenhände gegangen: Die Impromptus
op.5 hat der Gewandhausgeiger Friedrich Hermann arrangiert, sie wurden
1871 veröffentlicht; die Violinsonate op.105 erschien 1870 in der
Klaviertrio-Fassung des Schumann-Forschers Friedrich Gustav Jansen, und
die »Gesänge der Frühe« klingen in der Bearbeitung von Armin Knab aus
dem Jahre 1915. Dennoch: Die reichen Klangfarbenkostüme kaschieren
nicht das Herb-Hölzerne, die strenge Verzahnung von Melodiefloskeln,
das Gehetzt-Belanglose und die bisweilen prätentiöse Schwermut der
Stücke. Man kann nachempfinden, weshalb sie im Original kein Erfolg
wurden.
Wie ganz anders klingt Claras Werk: weniger
furios-streitsam, dafür feinsinnig poetisch parlierend, mit
entrückenden Kantilenen und fein ausgeloteten lyrischen Stimmungen. Ihr
Scherzo wird getragen von einem pulsierenden Gleichmaß, die sehr
weiche, weibliche Melodie im Andante wirkt tragisch und erlösend
zugleich.